24.1.23 Handeln ist nicht genug

Statt den multiplen Teilungen zu folgen, die sich mit dem imperialen Kapitalismus Westeuropas im 18. Jahrhundert durchgesetzt haben, allen voran die Teilung zwischen Kunst und Politik, möchte ich vorschlagen, ästhetische Praktiken als Arbeit am und mit dem Sinnlichen zu verstehen. Statt zu fragen, ob das Resultat dann (autonome) Kunst, (heteronome) Politik oder Wissensproduktion ist, sollten wir den Akzent auf die Frage legen, ob sinnliche Praktiken gewaltvolle hegemoniale Aufteilungen bestärken oder ihnen etwas entgegensetzen. Handeln im Sinn von sich positionieren tun nämlich alle ästhetischen Praktiken – auch die allerkontemplativsten, die damit ästhetische Theorien und Praktiken der reinen Kontemplation als alternativlos fortschreiben. Die Frage kann deshalb immer nur sein: Für bzw. gegen wen und was handeln ästhetische Praktiken?

Zur Person

Ruth Sonderegger ist Professorin für Philosophie und ästhetische Theorie an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie promovierte an der FU Berlin und unterrichtete danach mehrere Jahre am Philosophie-Institut der Universiteit van Amsterdam. Ihre derzeitigen Forschungsfelder sind: Konstitution und Geschichte der westlichen philosophischen Ästhetik (im Kontext der ursprünglichen Akkumulation), Praxistheorien, Cultural Studies, kritische Theorien des Racial Capitalism und Widerstandsforschung.